Oder was macht die Weiße da?
Bevor ich wieder mit meinem eigentlichen Beitrag beginne, möchte ich euch die Entwicklung meiner Lebensumstände nicht vorenthalten. In Punkto duschen, habe ich ein „Upgrade“ zu einer heißen Dusche bekommen. Zwar nicht auf die Art wie ich mir das vorgestellt hatte, aber die Dusche ist so temperiert wie ich das gerne hätte und funktioniert tatsächlich besser als man glauben sollte. Wie sich die meisten bereits denken können, ist auf dem unten stehendem Bild meine momentane heiße Dusche zu sehen.
Jetzt zu der Überschrift „Mzungu“: Diese bedeutet „der“ bzw. „die Weiße“ und trifft auf mich wahrscheinlich noch mehr zu als auf jeden Durchschnittseuropäer. Hier in Tanzania der „Mzungu“ zu sein, kann zuweilen sehr witzig, sehr schön aber auch anstrengend und sogar unangenehm sein.
Fangen wir doch mit dem weniger Schönen an. Als weißer Mensch wird man in der Stadt angesprochen, häufig, sehr häufig, eigentlich immer. Ausnahmen sind Menschen, die schon lange in Moshi wohnen. Ansonsten wirst du angesprochen. Dabei wird man von den einen angesprochen, weil sie einem helfen möchten und von den anderen, weil sie einem etwas verkaufen wollen. Ich möchte behaupten die Verkäufer überwiegen. Hier gibt es aber auch Unterschiede wie aufdringlich diese sein können. Bei manchen reicht es wenn man kundgibt, dass man nicht interessiert ist; andere sind da aufdringlicher. Ich habe leider die Erfahrung machen müssen, dass es auch sehr unverschämte Verkäufer gibt, die einen sogar beleidigen wenn man nichts kaufen möchte. Darauf war ich zugegebenermaßen nicht vorbereitet. Jetzt ist mein Fell auf jeden Fall etwas dicker.
Eine weitere ungewohnte, aber schöne Reaktion ist die von vielen Kindern. Die meisten Kinder in den Dörfern sehen fast nie weiße Menschen und sind daher völlig verblüfft, wenn sie einen sehen. Ich habe einen Jungen getroffen, der eigentlich mit einem ausgedehntem Tränenausbruch beschäftigt war, aber im Augenblick meines Erscheinens, einfach vergaß weiter zu weinen. Ich habe selten ein so überraschtes Gesicht gesehen. Den Jungen habe ich an einer der primary schools getroffen. Die restlichen Kleinen sind auf mich zugelaufen und haben lautstark „Mzungu“ gerufen und gewunken.
In den ab gelegeneren Dörfern gibt es aber auch viele Kinder, die noch nie einen „Mzungu“ gesehen haben. Diese Kinder sind im ersten Moment häufig sehr schüchtern und verlegen. Sie schleichen sich langsam an, um dann zufällig über deinen Arm zu streichen oder deine Hand festzuhalten. Ein Kind hat mich sogar gekratzt, um zu sehen, ob das Weiße ab geht. Die Muttermale finden die Kinder auch sehr spannend. Sie betrachten diese, als wäre an den Punkten doch noch ein bisschen braune Farbe übrig geblieben.
Häufiger haben die Kinder in den Dörfern im ersten Moment sehr große Angst vor mir. Diese Woche ist es mir dreimal passiert, dass Kinder, die mich gesehen haben, erst begonnen hysterisch zu weinen und zu schreien. In so einem Moment braucht man wieder mal eine gute Prise Geduld. Man muss den Kleinen eben etwas Zeit geben, sich an dieses weiße Wesen zu gewöhnen. Außerdem glaube ich, dass manche Kinder die bereits Operationen oder ähnliches gehabt haben, weiße Menschen mit Schmerzen die sie im Krankenhaus erleiden mussten, verbinden.

Heute habe ich beispielsweise einen Jungen besucht, der starke Verbrennungen der linken Körperhälfte durch Verbrühung mit kochendem Wasser erlitt. Die Wunden waren soweit fortgeschritten, dass eine Hauttransplantation nötig war. Ich habe den Jungen besucht, um zu sehen inwieweit sich das Narbengewebe entwickelt hat und inwiefern Kontrakturen anwesend sind. Für alle nicht medizinisch orientierten Menschen: Kontrakturen sind Bewegungseinschränkungen von Gelenken, die durch den Zusammenzug von Geweben (Muskeln, Sehnen, Narben etc.) entstehen. Der Junge hatte anfänglich echt unglaubliche Angst vor mir. Hier hat mir meine liebe Übersetzungshilfe Patience geholfen – siehe Foto. Nein – kein Quatsch – sie heißt wirklich Patience und Ja sie hat eine erstaunliche Geduld. Darüber hinaus kann sie unfassbar gut mit Kindern umgehen. Letztlich konnte ich den Jungen in Ruhe untersuchen und mit einer ersten Behandlung beginnen.
Die Erwachsenen in den Dörfern haben übrigens einen ungewohnten Respekt vor einem. Hinterfragen meines Handelns? Kein bisschen. Ergo: Ich muss mich sehr gut vorbereiten und mir meines Handelns sehr sicher sein. Denn wenn ich mein Handeln nicht hinterfrage und kritisch betrachte, dann tut es keiner. Also wird es eine große Herausforderung sein, permanent äußerst selbstkritisch zu bleiben und mein Arbeiten fortgehend wissenschaftlich zu untermauern.
Ach ja, es lässt sich noch hinzufügen, dass man als minimalpigmentierter Mensch, die Sonne und die Hitze weniger gut verträgt als der Durchschnittsafrikaner. Zumindest geht es mir so. Also Sonnencreme mit LSF 50 und Hut auf. Sonst drohen Sonnenbrand, Kopfschmerzen, starke Müdigkeit und Fieber. Musste ich auch lernen. Das Fieber ist mir bis jetzt glücklicherweise erspart geblieben.
Abschließend lässt sich sagen, dass es definitiv ungewohnt ist, in einem Land zu leben und derjenige zu sein, der anders ist. Sollten vielleicht die rechtsgeneigten Menschen von uns mal ausprobieren. Es ist eine Erfahrung wert ?.
Wieder ein Beitrag von dir der fasziniert. 1998 -also vor knapp 20 Jahren – haben wir Gambia bereist, mit gleichen Erlebnissen.
Und ja … deinen abschließenden Absatz möchte ich unterstreichen …ohne Augenzwinkern.